Warum erlebt das Bloggen seit einiger Zeit eine Renaissance? Mancher wähnte Blogs schon als outdated. Eine Zeit lang sah es auch so aus, weil Blogs gerne mit reichweitenstarken Facebook-Seiten verglichen wurden.

Klar, dass die Ausgangsbasis für Blogs 2018 eine andere ist, als zu Beginn des Jahrtausends. Vor allem weil sich die Rahmenbedingungen – durch Social Media Kanäle wie Facebook, Instagram und YouTube – drastisch verändert haben. Das digitale „Weitersagen“ (teilen) als Segen und Fluch des Gesichtsbuches trug dazu bei, dass über Weblogs weniger diskutiert wurde. Zu kometenhaft war der Aufstieg der Social Media Kanäle, zu verlockend sind oder waren die Aussichten, seine Nachrichten über „Freunde“ und über ihr Netzwerk an deren Freunde verbreiten zu können. Und dennoch: Blogs gewinnen wieder zunehmend an Bedeutung. Denn: Wer eigene Inhalte produziert, tut gut daran, ihnen eine eigene „digitale Heimat“ zu geben.

Die Revolution des „beschreibbaren Webs“ hat vor mehr als 1,5 Jahrzehnten stattgefunden. Wer damals etwas zu sagen hatte – und das mit seinem Weblog konstant tat – konnte sich mit Fleiß eine große Fanbase sichern. Es war neu, dass man die Meinung von einer ganzen Menge von AutorInnen abseits von Massenmedien und Journalisten erfuhr – das fanden viele sexy.
Andere freuten sich, dass die Blog-Beiträge mit den langen und „sprechenden“ Dateinamen auch Suchmaschinen super fanden. Wer dann Keywords obendrein richtig einsetzte, konnte SEO-technisch punkten. Doch dann kam 2004 – zuerst noch auf leisen Sohlen – Facebook. Es beendete zwar nicht die Ära der Blogosphäre, jedoch hatte mit dem Gesichtsbuch Jeder so etwas Ähnliches wie sein kleines Web-Tagebuch: Nämlich die Facebook-Timeline seines eigenen Lebens – mit der Publish „To Go“ Lizenz sozusagen. Damit mußte (und muß) keiner mehr ein Blog anlegen, sich Themen überlegen, „Follower“ finde und überzeugen, um sie dann mit Fleiß und Schweiß zu behalten. Denn die neue Gefolgschaft hieß „Friends“ und die neue Währung „Likes“. Also Schluss damit,  lange, schlaue Artikel zu schreiben? Alles geht ratz fatz: Foto vom Sonnenuntergang hochladen, „Ein Traum!“ dazuschreiben, und Belohnung in Form von „Likes“ abholen. Naja schon, aber…

Social Media sind unberechenbar und insgesamt recht kostspielig
Nicht erst seit 2018 und dem Cambridge Analytica Skandal ist klar: Facebook oder Instagram machen ihre eigenen Regeln – und das schonmal über Nacht. Sie zeigen das an, was ihr Algorithmus will – also für sie selbst gut ist. Wenn Unternehmen „gesehen“ werden wollen, ist Werbung schon längst unerlässlich. Natürlich – mit viel Aufwand und Media-Budget geht noch immer was. Aber ohne Budget ist es für unbekannte Marken so gut wie unmöglich, worüber sich wiederum „Influencer“ freuen.
Sicher ist, dass die künstliche Reichweitenverknappung auf Facebook viele ärgert – und ein Grund dafür ist, dass Blogs wieder boomen.

Viele haben aber auch schlicht die Nase voll, vom „die Nachrichten finden dich“-System, das uns dank Facebook-Algorithmus mit den immer gleichgeschalteten Meldungen bzw. der selben Meinung zu einem Thema überschüttet.

Wie wir inzwischen wissen, kann so ein System auch fatal sein. Nämlich wenn (vielfach auch junge) Menschen denken, dass diese einseitigen Meldungen „die Wahrheit“ darstellen – und sich daraus ohne andere Quellen zu Rate zu ziehen ihre Meinung bilden. Oder Menschen jeden Alters , die in einer Seins-Krise falschen „Propheten“ aufsitzen. Viele lernen gerade (wieder), dass man sich selbst Gedanken machen und kritisch hinterfragen sollte, ob etwas plausibel ist oder die Quellen „neutral“ sind – das passiert aber längst nicht immer.

  • Wie viel zur neuen Beliebtheit beiträgt, dass auch bekannte Persönlichkeiten Social Media weniger nutzen – und „back to the roots“ gehen, indem sie Blogs favorisieren – wie zB Anchorman Armin Wolf, kann ich nicht sagen. Jedenfalls wirkt ein persönlicher Blog meiner Meinung nach immer ein Stück seriöser als unzusammenhängende Facebook Schnipsel.

Gut finde ich, dass Armin Wolf seinen Schritt raus aus den Social Media Kanälen rein ins Blog erklärt. Immerhin kann er mit seinen fast 300.000 Facebook Fans viele auf das Blog lenken und auch klarstellen, warum er das tut.
Zum Publizieren und Klarstellen nutzt Armin Wolf seit Februar 2018 also wieder vermehrt sein Blog. Mir gefällt es jedenfalls, dass das Blog nun wieder den höheren Stellenwert genießt, als die eilig abgesetzte Meldung auf Facebook. Das erledigt Twitter mindestens genau so gut 😉

Unterscheiden sich Tipps für Bloggen oder Blogs von heute von jenen vor zehn Jahren? Und wenn ja: wie? (folgt in Kürze)